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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Bayernplan

30. Jul 2020

In Kooperation mit dem Landeskomitee der Katholiken in Bayern, dem BUND Naturschutz Bayern, Fridays for Future Nürnberg und der Jesuitenmission Bayern wurde eine Peti­tion an den Bayerischen Landtag ins Leben gerufen, die den Titel trägt: „Wir transformieren Bayern“.

In der Begründung dieser Petition heißt es unter anderem:

„Wir beobachten, dass Corona, Klimawandel, Artensterben, Ungleichheit mit einhergehender sozialer Desinte­gration und wachsendem Populismus sowie andere Alarmsignale unserer Zeit sich überlagern und wechselsei­tig verstärken.

Dies legt nahe, dass viele dieser Phä­nomene eine gemeinsame Ursache haben:

Die gegenwärtige, neoliberale Art und Weise, Wirtschaft und Gesellschaft zu organisieren, in deren Folge die Gesellschaft sich polarisiert, natürli­che Ressourcen übernutzt und ver­schmutzt, Lebensräume verkleinert, Pandemien Wege bereitet werden.

Kurzfristig müssen die aktuellen Corona-Hilfspakete auch zur Einlei­tung der Transformation hin zu einer sozial-gerechteren und ökologisch nachhaltigeren Wirtschafts- und Ge­sellschaftsordnung beitragen und dadurch muss vermieden werden, in jene Gleise zurückzufallen, die uns diese Krisen bescheren.

Mittel- und langfristig ist uns klar, dass eine sozial-ökologische Transformati­on damit nicht erledigt ist. Weitere Maßnahmen sind erforderlich, um diesen Prozess zum Erfolg zu führen.

Es gilt, den Mythos von Laptop und Lederhosen zu aktualisieren und am Leben zu halten und damit dem Über­leben der Menschheit einen Dienst zu erweisen.

Wir wollen Mut machen, über den Jetzt-stand, der uns die wachsende Anzahl von Krisen beschert, hinauszudenken und aufzeigen, dass es Alternativen gibt. Ideen sind da, man muss ihnen eine Chance geben. Geld ist da, es muss für die richtigen Dinge verwendet werden. Die Corona-Krise zeigt, wie viel möglich ist, wenn es wissenschaftlich be­gründet und politisch gewollt wird. Setzen wir auch hier die Politik des Möglichen um!“

Der Petition sind Anla­gen beigefügt, die Um­setzungen mit Lösungen zur weiteren Ausarbei­tung beinhalten.

Im Rahmen eines Transformationskonzeptes soll ein gesamtgesell­schaftlicher Dialogprozesses erar­beitet werden. Runde Tische mit Experten und Bürger*innen sollen ge­bildet werden, um Vorschläge wie zur Mobilität, Energie, Agrarwirtschaft, Ernährung, Gemeinwohlökonomie, Digitalisierung zu erarbeiten, die dann in einer parlamentarischen Anhörung zur Diskussion gestellt werden.

Am 25. Juni 2020 wurde der Land­tagspräsidenten Ilse Aigner dieser Bayernplan übergeben. Die Petition kann aber weiter unterzeichnet wer­den. Am 28.09. sind es 2.522 Un­terzeichnungen, darunter Organisa­tionen und Einzelpersonen aus den verschiedenen Bereichen der katholi­schen und evangelischen Kirche, so­wie Umweltorganisationen, Initiativen aus Eine-Welt-Bewegungen, Kultur, Soziales und Wissenschaft.

Auch unser Diözesanverband hat die­se Petition unterzeichnet.

Langfristig ist diese Petition als Vor­bereitung auf ein Volksbegehren an­gelegt, welches dann die bayerische

Landesregierung      rechtsverbindlich
zum Handeln zwingen kann.

Es geht beim Bayernplan nicht nur um mehr Unterschriften sondern auch um breitere öffentliche Aufmerksam­keit zum Beispiel in Pfarreien, Kom­munen, Vereinen und Verbänden. https://www.wirtransformierenbayern.de

Beim Politischen Samstagsgebet am 19. September hat Erwin Schelbert mit einem beeindruckenden Referat die Forderungen der Petition analy­siert und konkretisiert (auszugswei­se):

„Corona könnte eine Chance sein, all diese tieferen Zusammenhänge zu begreifen und die Konsequenzen daraus für unser Handeln als Einzel­ne und in Politik und Gesellschaft zu ziehen.

Die Coronakrise hat gezeigt, dass die Regierenden zunehmend bereit wa­ren, auf die Analysen und Handlungs­empfehlungen der Wissenschaft zu hören und entsprechend zu handeln. Dieser Lernprozess könnte auch auf die anderen Krisen übertragen wer­den – so ist zu hoffen. Die Forderun­gen der Wissenschaft sind ja wahrlich unüberhörbar.

Die einschneidenden und unpopu­lären Maßnahmen der Regierenden haben gezeigt, dass eben Politik nicht

nur das ist, was möglich ist, ............ ,
sondern auch das, was notwendig ist, auch wenn es eine Zumutung dar­stellt.

Die Bereitschaft für akute Krisenbe­wältigung hohe Finanzmittel einzuset­zen und Schulden zu machen, macht deutlich: Geld ist da, mehr sogar, als von manchen erwartet wurde und teilweise dann gar nicht rasch genug ab­gerufen werden konnte. Aber das Ent­scheidende ist, dass das Geld für die richtigen Dinge eingesetzt wird, und zwar im Sinne von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit..... Derartige Summen, wie sie jetzt beschlossen wurden, stehen nur einmalig zur Verfügung, es wird keine weiteren Mittel mehr in dieser Größenordnung geben. Sie müssen also jetzt zielführend für eine ökosoziale Transformation ausgege­ben werden.

Die Erkenntnis, dass in einer Krise sofort gehandelt werden muss und dazu Gelder bereitgestellt werden müssen, weil sonst in der Zukunft nur um so größere, vielleicht nicht mehr bezahlbare Kosten für die Gesell­schaft entstehen, lässt sich auch auf die anderen Krisenherde übertragen. Kostenschätzungen für Schäden bei Versäumnissen beim Klimaschutz lie­gen bereits vor. Die alte Stern-Prog­nose ging von 5% des Weltbruttosozi­alprodukts (Welt-BSP) aus und wurde jetzt von einer Studie nachgerechnet, die auf das Doppelte, also 10% des Welt-BSP kommt, eine gigantische Summe. Hinzu kommt, dass anders als bei Corona, viele Schäden irre­versibel sein werden, ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten sind nicht mehr ersetzbar.

Transformation ist ein systemischer Begriff, es geht dabei nicht um Kor­rekturen in einzelnen Bereichen der Wirtschaft oder der Politik, sondern um einen tiefgreifenden Umbau des gesamten Systems unserer Ge­sellschaft im Sinne von Nach­haltigkeit. Die Große Transfor­mation betrifft alle Bereiche von Wissenschaft, Produktion und Konsum einschließlich unseres Lebensstiles. Von der Eindring-tiefe ist sie vergleichbar mit der Neolithischen Revolution bzw. der Industriellen Revolution. Der Begriff geht auf den Wirtschafts­historiker Karl Polany zurück, der schon 1944 feststellte, dass der selbstregulierende Markt ‘nicht über längere Zeit bestehen könnte, ohne die menschliche und na­türliche Substanz der Gesellschaft zu vernichten‘. Vor diesem Scherbenhau­fen stehen wir aber bereits heute. Um diese Transformation herbeizuführen ist ein neuer Gesellschaftsvertrag not­wendig, der alle Menschen und Grup­pen betrifft und zu einer neuen Kultur der Achtsamkeit und Teilhabe führen muss und dies über alle Grenzen hin­weg, den geographischen, kulturellen, religiösen, und auch jenen der Gene­rationen.

Wir müssten nur sofort aufhören, all die schädlichen Projekte und Prozes­se, nicht mehr zu finanzieren bezie­hungsweise zu stoppen:

4die Förderung in Höhe von 37 Mrd € für nach wie vor fossile Brennstof­fe unverzüglich beenden

4Milliardenförderung der Flugfahrt/ Fliegerei stoppen

4Braunkohleförderung mit Absiedelung von Dörfern und Naturzerstö­rung stoppen

4Kohleausstieg nicht erst bis 2038, sondern jetzt

4Kein neues Kohlekraftwerk mehr in Betrieb nehmen

4Bau der Pipeline Nordstream 2 be­enden und Bau von Flüssiggasterminals stoppen. Wir brauchen keine fossilen Energieträger mehr, statt dessen Investition mit Ar­beitsplätzen in Erneuerbare Ener­gien

4Ausstieg aus neuen Erdgasprojek­ten

4Beenden des sinnlosen Konflikts Griechenland ‒ Türkei wegen Erd­gassuche

4Zulassungsstopp für PKW mit Ver­brennungsmotoren ohne Abwrackprämie

4Ausbau von BAHN und Öffentli­chem Nahverkehr, Elektrifizierung aller Strecken

4Einbau von Ölheizungen in Neu­bauten sofort verbieten

4Massentierhaltung sofort beenden

4Kreislaufwirtschaft sofort einfüh­ren

4Sachgerechte CO2-Bepreisung

4Ausstieg von Strom aus Erdöl / Erdgas aus der Nordsee

4und andere sinnlose Ausgaben für zerstörerische Entwicklungen wie Aufrüstung und Waffen-Moderni­sierung auch für atomare Teilhabe

Dann könnten alle die wichtigen und überfälligen Projekte finanziert wer­den, die für die Transformation in eine ökosoziale Wirtschaft notwendig sind und nachhaltig für den Fortbestand unserer Lebensgrundlagen sorgen, auch durch Schaffung von 360 000 Arbeitsplätzen nach der Greenpeacestudie 2020.“

Erwin Schelbert beendet sein Referat mit dem Appell: „Dieser kleine blaue und wunderbare Planet Erde ist un­sere einzige Heimat. Es gibt keine andere, auch wenn wir noch so viel Geld ausgeben werden, um in den Weltraum zu fliegen. Helfen wir also, diesen Lebensraum Biosphäre für alle Kreaturen jetzt und in Zukunft zu er­halten. Ein kleiner Schritt dazu ist es, diese Petition zu unterschreiben.“

Das vollständige Referat: www.politisches-samstagsgebet.de

Gabriele Hilz in der paxZeitregional 43, Herbst 2020