Friedenssymposium zum 71. Todestag von Franz Jägerstätter
12. Aug 2014
Im Gedenkjahr an den Ausbruch des 1. Weltkrieges kamen Gäste aus den USA nach St. Radegund, um an den Kriegsdienstverweigerer des 1. Weltkrieges Ben Salmon zu erinnern. Der Theologe und Ethiker Prof. Michael Baxter (De Paul University Chicago) war mit der Tochter Ben Salmons – Sr. Elisabeth Salmon und der Friedensaktivistin Pat McSweeney nach Österreich eingeladen worden, um einen Einblick in das Leben und Denken des amerikanischen Kriegsdienstverweigerers zu geben und Parallelen zu Franz Jägerstätter aufzuzeigen.Kriegsdienstverweigerer des 1. Weltkriegs
Ben Salmon folgte 1917 nicht der
Einberufungsaufforderung der US-Armee. Er brachte in zahlreichen Briefen an die
US Regierung seine Einstellung zum Ausdruck: Der Krieg war mit seiner
christlichen Einstellung nicht vereinbar. Salmon wandte sich in Folge auch oft
gegen die Theorie des sogenannten „gerechten Krieges“. „Ich verweigere den
organisierten Mord zu unterstützen. Ich muss Gott zuerst dienen. Indem ich ihm
diene, ist es unmöglich, anders zu handeln“, so Ben Salmon in seinem Brief als
Antwort auf die Einberufung. In den folgenden Jahren wurde Salmon mehrfach
inhaftiert und 1918 von einem Kriegsgericht wegen „Propaganda und Desertation“
zu Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde danach in 25 Jahre Haftstrafe
umgewandelt.
Obwohl der Krieg in Europa einen Monat später zu Ende
war, wurde ihm die Haft nicht nachgelassen. Er engagierte sich auch in seiner
Haft für den Frieden und wurde dafür mit Einzelhaft bestraft. Die amerikanische
Bürgerrechtsbewegung nahm seine Argumente und seinen Fall auf und erreichte
dadurch eine größere Aufmerksamkeit im ganzen Land. Sie und einige Personen aus
der Katholischen Kirche bemühten sich um seine Freilassung und erreichten, dass
er im November 1920 frei kam.
Michael Baxter charakterisierte das Engagement Ben
Salmons mit Beharrlichkeit, Glaubensstärke und dem konsequenten Folgen seines
Gewissens. Baxter analysierte in seinem Vortrag in Tarsdorf auch die Situation
der Katholischen Kirche in den USA zum Zeitpunkt des Ausbruches des 1.
Weltkrieges. Wie viele andere Historiker auch, stellte Baxter fest, dass die
Katholische Kirche den Krieg voll unterstützte. Die nationalistischen Ziele
waren stärker als die Apelle des Papstes Benedikt XV. für den Frieden. „Die
Christen waren nicht eins in Christus, sondern getrennt und Feinde“, so Baxters
Analyse.
Verbindung Salmon und Jägerstätter
In Tarsdorf kam auch die mögliche Verbindung zwischen
Ben Salmon und Franz Jägerstätter zur Sprache. Beide waren
Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen und aus dem christlichen Glauben
heraus. Beide konnten die damaligen menschenverachtenden Ideologien
durchschauen und aufzeigen.
Auch durch die Beschäftigung mit Ben Salmon kam der
amerikanische Historiker Gordon Zahn in seiner soziologischen Forschung mit dem
Thema der „Gewissensverweigerung“ in Berührung. Seine Dissertation schrieb er
zum Thema „Was befähigt uns dazu, nicht zu sehen, was passiert?“ Er stieß in
diesem Zusammenhang auf Franz Jägerstätter, als einen Menschen, der „sah, was
passierte“. Die Beschäftigung Gordon Zahns mit Franz Jägerstätter war wesentlich
für die Jägerstätterrezeption.
Seit 30 Jahren internationales Jägerstättergedenken zum Todestag
Den Gottesdienst am Abend leitete der Innsbrucker
Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer.
Er charakterisierte in seiner Predigt zuerst die „Architektur des Krieges“ als
eine, die aus Dummheit und Stumpfheit krank macht und die Seele des Menschen
schädigt. „Der Krieg hinterlässt tiefe Spuren in der Mentalität der Völker, er
verdirbt und schädigt den Charakter der Menschen und macht die Seele einer
Nation schlechter. Der Krieg ist nie eine einfache chirurgische Operation, er
zieht im Gegenteil unkontrollierbare Konsequenzen nach sich.“ Scheuer ging
ausführlich auf die Hintergründe und Folgen des Ersten Weltkrieges ein. „Eine
Folge des Ersten Weltkrieges war die sich ausbreitende Vorstellung, dass
unterschiedliche Menschen nicht zusammenleben können. Durch nationalistische
Fehlentwicklungen sollten homogene Nationen geschaffen werden, in denen es
keinen Raum für andere oder für Minderheiten gibt“, so Scheuer.
Architektur des Friedens
Er beschrieb dann als Gegenentwurf eine „Architektur
des Friedens“. Als Säulen des Friedens nannte er die in der Enzyklika „Pacem in
Terris“ von Papst Johannes XXIII. angeführten Säulen: Wahrheit, Gerechtigkeit,
Liebe und Freiheit. „Franz Jägerstätter ist ein Vorbild und ein Zeuge dieser
Säulen“, so Scheuer weiter: „Wir haben heute im Vortrag gehört, dass im 1.
Weltkrieg dem Vaterland Altäre errichtet wurden. Franz Jägerstätter hat
Ideologiekritik betrieben. Er war nicht dumm und verblendet, sondern klar und
weitsichtig. Er ist Märtyrer, der vor die Alternative: Gott oder Götze,
Christus oder Führer, gestellt war. Aus seinem gebildeten und reifen Gewissen
heraus hat er ein entschiedenes Nein zum Nationalsozialismus gesagt.“
nach gec, Jägerstätter-Internetseite, zum Gedenken am
9.8.2014
Foto: Diözese
Linz, Jägerstättertochter Maria Dammer am Grab von Franz und Franziska Jägerstätter
mit den amerikanischen Gästen. V.l.: Maria Dammer, Sr. Elisabeth Salmon,
Bischofsvikar Max Mittendorfer, Pat McSweeney, Michael Baxter