Friedensgebet der Religionen
14. Nov 2021
„Juden, Christen, Muslime, Bahá'i und Buddhisten beten gemeinsam am 14. November für den Frieden.“ am im Pfarrsaal von St. Anna, München-Lehel.
Reichweite Frieden – weltverbunden leben
Friedensgebet der Religionen
„Juden, Christen, Muslime,
Bahá'i und Buddhisten beten gemeinsam für den Frieden.“
Das „Friedensgebet der
Religionen“ gehört seit vielen Jahren zur Internationalen Friedenskonferenz,
die gleichzeitig mit der Münchner Sicherheitskonferenz stattfindet. Wir wollen damit zeigen, dass
der Friede zwischen den Religionen ein wichtiger Beitrag zum Frieden in der
Welt ist und dass die Gemeinsamkeiten wichtiger sind, als das, was uns trennt.
In diesem Jahr fand das
Friedensgebet erstmalig auch während der Friedenswochen statt und wir
übernahmen auch das Motto der Friedenswochen „Reichweite Frieden“, wobei wir
den Gedanken „weltverbunden leben“ hinzufügten.
Die Frage, was dieses Motto
konkret bedeuten kann, stand daher im Mittelpunkt des Friedensgebetes und wurde
von den Vertretern und Vertreterinnen der einzelnen Religionen in kurzen
Statements erläutert..
Zu Beginn hörten wir die
mutmachende „frohe Botschaft“ der Bahá'i: „Weltfriede ist nicht nur
möglich, er ist UNAUSWEICHLICH. Er ist die nächste Stufe in der Entwicklung
dieses Planeten.“
Und allen Skeptikern, die
angesichts der Realität den Weltfrieden für eine Utopie halten, antwortet Bahá
u´lláh, der Stifter des Bahá' i-Glaubens: „Ich habe dich reich geschaffen,
warum machst du dich selbst arm? Edel erschuf ich dich, warum erniedrigst du
dich selbst?...
“Der christliche Vertreter
sprach von seiner Überzeugung, dass der Friede in Reichweite ist, wenn wir uns
dem Reich Gottes öffnen, in dem Liebe, Vertrauen Gerechtigkeit und Gemeinschaft
herrschen, anstelle von Ichsucht, Angst und Hass.
Jedoch:
„Der Friede ist nicht einfach
da, wir haben ihn nie als festen Besitz, aber er ist im Kommen, als Gottes
Wille, als Gottes Verheißung, als Gottes Geschenk“. (Auf diesen Frieden können
wir zugehen, indem wir Grenzen überwinden „zwischen Religionen, Völkern,
Volksgruppen, zwischen politischen oder religiösen 'Lagern', zwischen
Geschlechtern und sexuellen Identitäten.“)
Einen anderen Aspekt zum Thema „Reichweite“ hörten wir aus der Sicht des Judentums: Das hebräische Wort „schalom“ erläuterte uns Ralph Deja (siehe unten).
Im Buddhismus spielt
die Einheit aller Lebewesen und die Verantwortung der Menschen
auch für Tiere und Pflanzen eine große Rolle. Um diese Form des Friedens zu
erreichen, sind wir Menschen aufgefordert, uns immer wieder an Buddha zu
orientieren - „den Buddha in uns polieren“ nannte es die buddhistische
Vertreterin in einem früheren Friedensgebet.
Als kleine Einübung lud uns
der buddhistische Vertreter ein, über drei Fragen zu meditieren: Wie finde
ich Frieden mit mir selbst? Wie finde
ich Frieden mit den mir nahe Stehenden?
Wie finde ich Frieden mit meinem Umfeld?
Es folgten Gebete und
Fürbitten in den weltweiten Anliegen, Konflikten und Krisen, die uns zur Zeit
belasten, und der jüdische Friedenswunsch „Schalom chaverim...“, gesungen in
Hebräisch und Deutsch.
Und das „Trio di legno“ half uns
mit seinen Musikeinlagen, immer wieder nachzudenken und durchzuatmen.
Den Abschluss des
Friedensgebets bildeten zwei positive Botschaften: Die Kollekte für die
Zeltschule im Libanon ergab das großartige Ergebnis von etwa 520 Euro. Das nächste Friedensgebet
kann am Sonntag, dem 13. Februar, also kurz vor der Internationalen
Friedenskonferenz, wieder im Pfarrsaal von St. Anna stattfinden!. Schließlich ist im Frühsommer
ein weiteres Friedensgebet geplant, und zwar in der Pasinger Moschee,
vorbereitet von den muslimischen Vertretern.
Rosemarie Wechsler
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Reichweite
Frieden – Weltverbunden leben
Einige
Gedanken von Ralph Deja aus jüdisch-affiner Sicht (07.11.2021).
Viele
Menschen in aller Welt - gerade solche, die sich für gewaltfreie
Konfliktlösungen einsetzen - vergleichen ihre jeweiligen Worte für Frieden,
Peace, Pace, Pax etc. gerne mit dem hebräischen Wort schalom (= שָׁלוֹם). Das ist zwar nicht falsch, trifft es aber nur zum
Teil. Das Wort basiert auf der im semitischen Sprachraum bedeutungstragenden Wurzel š-l-m und ist mit dem arabischen salām auf das engste verwandt. Diese Wurzel bedeutet
Ganzsein, Unversehrtheit, Ausgleich, Balance, Gesundheit, Wohlergehen, Frieden.
Das alles schwingt mit, wenn man sich in Israel auf Hebräisch mit schalom
begrüßt, was so manche Software einfach mit Hallo übersetzt.
Die Wurzel š-l-m finden wir auch im Namen des Königs
Salomo (hebräisch Schlomo) wieder, genauso in der arabischen
Entsprechung Süleyman. Wenn ich im Restaurant bezahlen will, kann ich unhöflich
„Rechnung“ rufen, oder „ani rotsé leschalem, bewakascha!“ (ich möchte
bitte bezahlen) sagen. Da steht die Bedeutung von Gleichgewicht, Ausgleich oder
Balance im Vordergrund. Schalom ist auch ein gebräuchlicher Familienname,
wieder ähnlich wie im Arabischen Sprachraum. Und ein berühmter Sohn Münchens,
der 1913 als Fritz Rosenthal geboren wurde, wählte Schalom als Vorname,
zunächst als Künstlername Schalom Ben-Chorin und bei der Einwanderung nach
Palästina auch ganz offiziell.
Es ist
also einerseits - wie übrigens im Arabischen auch - ein alltäglicher Gruß,
weist aber andererseits über ein reines Hallo hinaus. Am Freitagabend wünschen
Juden sich einen friedvollen Schabbat mit der Grußformel שַׁבָּת שָׁלוֹם (schabbat
schalom). Und wenn man mehrere Menschen begrüßt, wünscht man schalom
alejchem (שלום עליכם), was im Arabischen salām
aleikum heißt. Das kennen wahrscheinlich alle schon seit ihrer Jugend aus Karl
May. Und den meisten hier ist sicher das Lied „Hewenu Schalom Alejchem“ bekannt,
dass wir gerne gleich gemeinsam singen können.
Der
Frieden des Schabbat verbindet einmal pro Woche alle Jüdinnen und Juden auf der
ganzen Welt unter- und miteinander, sowohl die religiösen als auch die
säkularen. Es ist üblich, dass die Familien am Freitagabend zum Essen
zusammenkommen. Es werden 2 Schabbat-Kerzen gezündet, der Segen über Wein und Brot
gesprochen, mitunter gesungen, gut gegessen und viel gelacht. Diese weltweite
Verbindung gilt natürlich auch für alle jüdischen Feiertage. Und immer mehr
Juden laden nicht-jüdische Freunde zu den Festen ein - ein kleiner Beitrag, um Frieden
in Reichweite zu bringen.
Ich habe
mehrfach auf die sprachlichen Bezüge zwischen Hebräisch und Arabisch
hingewiesen. Das führt mich zu 2 berühmten Musikerinnen aus Israel. Die eine –
Achinoam Nini oder international Noa – ist Jüdin, die andere – Mira Awad – ist
christliche Palästinenserin. Beide treten für eine friedliche Konfliktlösung in
ihrer Region ein, sowohl getrennt als auch gemeinsam. Mira ist auch sehr
kreativ unterwegs. So hat sie einen Schriftzug entworfen, den man sowohl arabisch
als salām
سلام wie auch hebräisch als schalom
שָׁלוֹם lesen kann.